“Vor langer Zeit war hier wirklich ein See”
Rund um den Militärflugplatz von Emmen soll eine Seenlandschaft entstehen – zumindest fordert das ein lokaler Verein. Dessen Präsident Raphael Beck spricht über die mutige Vision.
Was ist die Motivation für Ihr Projekt «Emmen am See»?
Raphael Beck: Viele Menschen sind desillusioniert und brauchen neue Perspektiven. Unser Projekt will Hoffnung, Zuversicht und Freude vermitteln. Es gibt viele gute Gründe, wieder zu träumen, sich auf etwas zu freuen und das Selbstwertgefühl zu stärken. Die Politik kann nicht alles selber stemmen, darum unterstützen wir sie aktiv.
Warum braucht es einen See in Emmen?
«Emmen am See» ist eine Vision, die eine öffentliche Diskussion über das «Ämmefeld» im Nordosten der Gemeinde Emmen auslöst. Ob aus der Vision wirklich ein See wird, wissen wir nicht. Wir wollen kampflos eine Bewegung anstossen, die Lösungen aufzeigt. Klar ist, dass es in Emmen mehr Natur braucht. Entsteht aus unserer Vision ein neuer Wald, ein zweiter Flusslauf oder ein Naturschutzgebiet? Die Vision für einen See gab es schon vor 30 Jahren. Und vor ganz langer Zeit war hier wirklich ein See.
Welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Fast nur positive. Die Meisten finden es super, dass etwas da ist, das anders ist als gewohnt und zum Mitmachen einlädt. Seit wir unseren Verein im November 2019 spontan gegründet haben, sind neben anderen Produkten auch schon drei Lieder entstanden. Sieben Personen helfen im Verein mit. Über unsere Vision wird vermehrt diskutiert. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Hat es in Ihrer Vision Platz für den Militärflugplatz?
Den Flugplatz zu bekämpfen oder ihn zu hinterfragen bringt erfahrungsgemäss nur Ärger, denn er ist für viele Menschen eine Art Mythos geworden. Die Gemeinde Emmen hat aber dank der grossen freien Fläche auf dem «Ämmefeld» viel Platz, um Bäume zu pflanzen und Seen zu bauen. Wir sollten der Natur wieder Raum zurückgeben und untersuchen, welche wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ein renaturiertes «Ämmefeld» auf die Gemeinde Emmen hat.
Der Kanton plant an der Reuss zwischen Emmen und Gisikon ein Hochwasserschutzprojekt für 195 Millionen Franken. Was sagt der Verein «Emmen am See» dazu?
Das Projekt ist nicht schlecht, aber unseres ist besser! Für Abermillionen will der Kanton die Reuss auf 13 Kilometern verbreitern und mit Schutzbauen versehen. Dabei wird sehr viel Wald temporär oder für immer gerodet; Emmen wird also für 20 bis 25 Jahre sein attraktivstes Naherholungsgebiet verlieren. Unser Vorschlag wäre eine Seenlandschaft auf dem «Ämmefeld» als Rückhaltebecken: Damit würde Emmen nicht nur ein neues attraktives Naherholungsgebiet dazugewinnen, auch die Reussufer können sanfter renaturiert werden. Es ist anzunehmen, dass die Seenlandschaft alle Vorgaben für den Hochwasserschutz erfüllt. Das möchten wir mit einer Expertise und Machbarkeitsstudie untersuchen lassen. Unser Ziel ist, dass der Kanton die Bevölkerung über zwei Optionen abstimmen lässt, wenn das Hochwasserschutz- und Renaturierungsprojekt Reuss an die Urne kommt.
Interview: zen.
Raphael Beck, 42, ist Belebungsgestalter und Präsident des Vereins «Emmen am See»
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